Die Suche nach dem verschollenen Tischbein-Gemälde der Familie Souchay

Die Suche nach dem verschollenen Tischbein-Gemälde der Familie Souchay

Das Gemälde

Im Rahmen einer Besprechung im in Hanau kamen wir auf die Idee, zur 700-Jahr der Altstadt Hanau eine Ausstellung über Familiengeschichte zusammen zu stellen. Dazu wurde über verschiedene Mailing-Listen im Internet eine Anfrage gestartet, ob irgendjemand in Deutschland Unterlagen über alte Hanauer Familien zur Verfügung stellen könne. So erreichte uns u.a. die Fotografie (s/w) eines Gemäldes von Anton Wilhelm Tischbein, dem Onkel des „Goethe-Tischbeins“, das er 1779 für einen Esaïe Souchay gemalt hat.

Der Aufenthaltsort des Originals war dem Übermittler des Fotos nicht bekannt. Im Laufe der Recherchen fanden wir heraus, daß in der Reihe „Deutsches Familienarchiv“ im Band 19 von Otto Döhner, Frankfurt (1961) „Das Hugenottengeschlecht Souchay de la Duboissiere und seine Nachkommen“ beschrieben ist. Aus diesen Aufzeichnungen von 1961 ergab sich, daß Esaïe Souchay bestimmt hat, daß das Gemälde immer an den ältesten Sohn fallen soll. Der Besitzer 1961, ein Carl Friedrich Curt Souchay (1893 – 1978) hatte aber nur drei Töchter.

Über viele Stationen – Standesämter, Archiv, Botschaft, Universität - haben wir dann herausgefunden, daß das Bild heute im Besitz des Sohnes der ältesten Tochter ist und als Leihgabe in einem Kopenhagener Kunstmuseum hängt.

Zur Geschichte der Familie

Das Geschlecht Souchay stammt aus der Gegend von Orléans, wie aus einer Heiratsurkunde von 1677 zu ersehen ist. In der Nähe hatte der erste bekannte Vorfahr Pierre Souchay (vor 1623 – nach 1677) das Landgut „la du Boisière“ besessen.

In der zweiten Generation wird das Geschlecht durch Daniel Souchay (1643 – 1727) in Gien, Gouvernement Orléans ansässig. Hier heiratete Daniel Souchay eine reiche Kaufmannstochter. Aus dieser Ehe gingen zwölf Kinder hervor. Acht Kinder starben früh bzw. hatten keinen Nachwuchs und vier Kinder wanderten aus Anlaß der Hugenottenverfolgung nach 1685 aus Frankreich aus.

Jacques Souchay (1689 – 1743) ließ sich 1714 in Hanau nieder und begründete damit den deutschen Stamm der Familie Souchay. In der Geschichte der Familie Souchay heißt es weiter: „... ließ sich in 1714 Hanau nieder, wo bereits 1594 unter dem Schutze der Grafen von Hanau-Münzenberg bzw. –Lichtenberg eine wallonisch-reformierte Gemeinde gegründet worden war und für ihre Mitglieder ein ganz neuer Stadtteil, die Neustadt Hanau, mit einer eigenen Kirche und Verwaltung entstanden war. Durch die Hugenotten war schon vor 1714 die Goldschmiedekunst in Hanau eingeführt worden, und als Souchay sich dort in diesem Handwerk selbständig machte, besaß er die vierte von den Grafen privilegierte Goldschmiedewerkstatt in der Neustadt Hanau. Besonders sein Sohn Esaïe hatte den guten Ruf des Geschäftes begründet und einen wesentlichen Anteil an der Förderung und Vervollkommnung dieses Handwerkszweiges, in dem Hanau dadurch führend wurde.“

Einer der Söhne von Esaïe Souchay brachte den Vater an den Rand des Ruins, so daß er sein Geschäft in Hanau verlor und zu seinen Kindern, die durch seine geschäftlichen Beziehungen, in Lübeck ansässig waren, verschlagen wurde.

Zur Geschichte des Bildes

Nach den Ausführungen im „Deutschen Familienarchiv“ kamen 1779 Esaïe Souchay’s auswärtige Kinder zu Besuch. Er schreibt in seiner Chronik: „Als meine ganze Familie versammelt war, kam mir der Gedanke, ein Familienbild von Tischbein malen zu lassen. Er vollendete es nach ihrer Abreise, und ich erhielt es gegen Ende des Jahres. Ich zahlte, wie vereinbart, 300 fl. dafür. Damit meine Kinder darüber nicht in Streit geraten würden, habe ich bestimmt, daß dasjenige, das das Bild haben wollte, seine Brüder und Schwestern in Höhe dieses Preises entschädigte mit der Klausel, daß die ältesten der Söhne den Vorrang haben sollten.“

Bei dem oben erwähnten „Tischbein“ handelt es sich um Anton Wilhelm Tischbein (1730 – 1804), dem Onkel des „Goethe“ Tischbeins, der zu der damaligen Zeit an der Zeichenakademie in Hanau tätig war.

Esaïe Souchay und seine Familie im Jahre 1779

Erläuterung zum Bild

Esaïe Souchay (1723 - 1791), in der Mitte sitzend, seine Frau Anne Petronelle Varlut (1725 – 1769), Porträt links an der Wand.
Er lebte von 1723 bis 1788 in Hanau und war dreimal Kirchenältester der wallonischen Gemeinde.

Deren Kinder:
 

Jeanne Guillaumine (1746 – 1818), verh. Röttger Ganslandt (1740 – 1786), links neben dem Vater sitzend, mit ihren Kindern:
Röttger Ganslandt (1772 – 1834), ans Knie des Großvaters gelehnt;
Johanna Wilhelmine Ganslandt (1776 – 1786), links von der Mutter stehend;
Elisabeth Louise Ganslandt (1778 – 1841) (sp. verh. Geibel), auf dem Schoß der Mutter, das einzige existierende Bild der Mutter des Dichters Emanuel Geibel (1815-1884).

Isaac Pierre (1748 – 1787), rechts vor dem Tisch stehend;
seine Frau Elisabeth Cornelie Escher (1755 – 1788), Porträt in der Hand ihres Kindes: Françoise Charlotte Souchay (1778 – 1785), auf dem Tisch stehend.
Issac läßt 1787 vollständig verschuldet die Familie im Stich, flieht nach Rußland und ist dort verschollen.

Jeanne Marie (1751 – 1771), verh. Wilhelm Ganslandt, Porträt rechts an der Wand.

Jacob Charles (1753 – 1808), links am Fenster stehend.
Pastor in verschiedenen Gemeinden in den Niederlanden

Anna Marie Christine (1755 – 1832) (sp. verh. Nolhac), rechts an den Stuhl gelehnt stehend.

Susanne Cornelie Louise Petronelle ( (1757 – 1833) (sp. verh. Hestermann), hinter dem Tisch stehend.

Marc André (1759 – 1814), zweiter von links stehend.

Jean Daniel (1760 – 1823), links vom Vater im Hintergrund stehend.

Marianne Catherine Petronelle ( 1766 – 1838) (sp. verh. Bödecker/von Kapff), ganz rechts sitzend.

Quellen:
Otto Döhner, Deutsches Familienarchiv, Bd. 19, Das Hugenottengeschlecht Souchay de la Duboisière und seine Nachkommen, Frankfurt 1961, S. 12, 31/32, 46/47, V, 346/47.
Rudolf Klein, Hessen-Lexikon, Frankfurt 1965, S. 357.

Autor:
Günter Schmidt
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